Persönliche Daten (Autistin 66)

Autist 66 Jahre

Welche Barrieren wurden erkannt und beseitigt?

Mir hat es im Kindergarten nicht gefallen, da war ich genau einen halben Tag. Also bin ich wieder nach Hause. Barrieren, wer sagt denn zu sowas Barrieren, wenn es einem wo nicht gefällt? Warum soll man denn in den Kindergarten müssen? Daheim war es viel schöner.

Welche Schwierigkeiten gabe es?

Aus meiner Sicht gab es keine Schwierigkeiten.

Wie wurde der Ruhezustand forciert, durch welche Maßnahmen?

Ich war einfach so ausgeglichen. Ich musste ja auch nichts machen, was mir nicht gefällt. In unserer kleinen Schule war es halbwegs gemütlich, so ab der 3. Klasse zumindest. Anfangs hat uns unsre Lehrerin verprügelt. Ab der dritten Klasse gab es dann Tatzen. Wir haben das nicht als schlimm empfunden. Wir wussten ja wofür es Schläge und Tatzen gibt. Da war es in der Klasse schnell still und alle waren artig, wenn man ein paar drauf kriegt.

Welche Kompensationsmechanismen wurden eingesetzt?

Wer ist denn schon glücklich in der Schule und gern dort? Klar waren wir froh, als wir da wieder raus waren. Dann konnten wir wieder spielen. Später dann Segeln und Schießen, mit 18 dann an Autos basteln, was man halt so macht. Das haben wir den ganzen Tag gemacht. Was machen Kinder denn sonst? Das Studieren an der Uni zum Ingenieur war auch noch ganz anders wie das heut ist. Damals konnte man das sich so organisieren wie man es brauchte beim studieren. Da gab es schon Stundenpläne, aber ob man hin ist oder nicht war einem selbst überlassen. Man musste da auch gar nicht hin, wenn man die Prüfung bestand. Das habe ich teilweise auch so gemacht, nur zur Prüfung an die Uni. Wir mussten ja selbst studieren, das war schon gut so wie bei uns.

Welches Stimming wurde genutzt?

Was alles einen Namen braucht. Man war halt einfach und hat geschaut, dass es einem gut geht.

Welche Positiven Auswirkungen hatte es?

Man freut sich des Lebens, wenn man einfach ist wie man ist.

Welche Hürden existieren, die es schwer machen dies umzusetzen und zu leben?

Es gab nichts, das mich gehindert hat.

Wie lebt es sich im Ruhezustand und wie kann er gehalten werden?

In meinem ganzen Leben hatte ich immer einen oder wenige, dafür um so loyalere Freunde. An sich bin ich ein Einzelgänger und das sehr gern. Auch wenn ich eine Familie habe, für die ich die volle Verantworung übernehme. Es ist wichtig das Leben als Gesamtes zu betrachten. Immer nur Einzelpunkte herausgreifen, das funktioniert nicht. Es geht um das Leben als Ganzes, das anzunehmen führt zu Ausgeglichenheit. Für mich gehören hier wenige, dafür um so passendere, solide Freundschaften dazu. Im Berufsleben war das nicht mehr ganz so einfach, da kamen dann schon die sozialen Auseinandersetzungen als Geschäfsführer, in den 20 Jahren die ich verschiedene Firmen geleitet hatte. Da hat das Meditieren dann geholfen. Und Waldlaufen.

Wäre eine inklusive Beschulung sinnvoll zu betrachten?

Ja natürlich. Jeder soll so sein, wie er ist. Ich hab ja so gesehen eine komplett inklusive Beschulung gehabt. Damals war das Leben nicht so hektisch und alles nicht so tragisch. Jeder hat noch anders sein dürfen. Es gab keine Normschüler. Da wurde nichts idealisiert. Dieser Schmarrn fing jetzt ja erst vor Kurzem an, maximal 20 Jahre ist das jetzt immer schlimmer geworden.

Deutschland 2015