KIT - Festhaltetherapie

KIT - Festhaltetherapie

(Erfahrungsbericht vom Blog Sinnesstille)

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Heute morgen las ich eine E-Mail vom Autismus Oberbayern, an der ein Anhang mit dem aktuellen Rundbrief zu öffnen ist. Ich schaute im Großen und Ganzen erst einmal drüber, genauer lesen wollte ich ihn später, da ich eigentlich vorhatte, mich mit einer Freundin zu treffen. Da passierte es – ich blieb unter der Rubrik “Buchbesprechungen” an einem Buch hängen mit dem Titel “Fähig zum Körperkontakt”. An diesem Punkt hätte ich den PC ausschalten sollen. Aber wie ich nun mal so bin, muss ich wissen, was es damit auf sich hat, und fing an, das www zu durchforsten.

Dabei stieß ich auf KIT – Körperbezogene InteraktionsTherapie nach Dr. Fritz Jansen.

Ich las mich durch verschiedene Seiten unterschiedlicher Anbieter dieser Therapie, obwohl ich hier schon wusste, dass es mir nicht gut tun würde. Seither sind Stunden vergangen. Das Treffen mit der Freundin fällt aus. Ich bin so erschüttert, dass ich erstmal gar nicht wusste, wie mir geschieht. Kennt Ihr das, wenn sämtliche Gefühle von Wut, Entsetzen, Trauer, Hilflosigkeit, uvm. von oben nach unten Euren Körper durchfluten? Mir war so übel, dass ich schon fast Angst hatte, mich übergeben zu müssen.

KIT hat ihren Ursprung in der Festhaltetherapie von A. Welch und P. Prekop.

Es wird behauptet, dass Kinder, oder allgemein Menschen, mit diversen Problemen eine Körperkontaktblockade haben, die es zu behandeln gilt. So heißt es z.B. auf rosero.de Mit der Körperbezogenen Interaktionstherapie können die Kinder lernen in einen guten Blick- und Körperkontakt zu gehen, welcher ihnen weiterhin ermöglicht, gute Beziehungen zu anderen Menschen aufzunehmen, zu verbessern und somit ihre sozialen Kompetenzen deutlich zu erweitern. Mit der KIT wird das verbale und nonverbale Ausdrucksvermögen stimuliert, die Angst vor Körperkontakt vermindert und die Selbst- und Fremdwahrnehmung gefördert. Dem Kind wird damit ein Weg gebahnt, sich selbst und seine Umwelt adäquater wahr- und anzunehmen.

  • Die KIT konfrontiert das Kind in starkem Maße mit körperlicher Nähe (Bezugsperson des Kindes, vornehmlich die Elternteile).

  • Es wird in bestimmten Situationen fest am eigenen Körper gehalten.

  • Mit dieser taktilen Reizüberflutung soll das Kind positive emotionale Erfahrungen machen.

  • Dadurch kann das Kind neues Vertrauen aufbauen und neue Verhaltens- und Interaktionsmuster erwerben.

  • Dies gilt für Beziehungen zu den Eltern, Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen.

  • Auf kit-ergopraxis.de ist u.a. zu lesen Wenn die Eltern bei allen Wünschen an das Kind Widerstand spüren, ständig Machtkämpfe erleben, ihr Kind Wahrnehmungs- u. Aufmerksamkeitsstörungen hat oder auf Körperkontakt überempfindlich reagiert, dann darf man an eine Körperkontaktblockierung denken und wie geschildert überprüfen, ob eine solche vorliegt.

  • Ursachen dafür können z.B. sein traumatische oder schwere Geburt, fehlende Beziehung zur Mutter oder Vater, fehlende Nähe der Eltern, Verlust einer Bezugsperson, negatives Erlebnis durch Schmerz bei Körperkontakt.

Das erinnert mich irgendwie an die längst abgelegte Vermutung, Autismus käme von den sogenannten “Kühlschrankmüttern”. Der Obergipfel ist aber:

1. Eltern und Kinder ab dem 12. Lebensjahr müssen eine Einverständniserklärung abgeben, auf der sie unterschreiben […]

2. Uns/Mir ist bewusst, dass es ggf. in dieser Behandlung zu kleinen Schrammen, blauen Flecken, ect. an unserem/meinem Kind und an uns/mir kommen kann. Wir/Ich wurden darauf hingewiesen, dass unser/mein Kind im Widerstand schreien, beißen, treten, kratzen und uns/mich sogar beschimpfen und bedrohen könnte.[…]

Wann hört dieser Wahnsinn endlich auf!? Wann wird den Befürwortern endlich bewusst, dass solche Maßnahmen nichts anders sind, als den Willen eines Menschen zu brechen, der fälschlicherweise als Erfolg beschrieben wird!? Ein Kind zu Körperkontakt zu zwingen, ist fahrlässig! Und nein, nur weil ich dazu gezwungen wurde, auf dem Schoß zu sitzen, oder so lange fest umklammert wurde, bis ich mich beruhigt hatte, genieße ich keine Umarmungen, denen ich nicht von mir aus zugestimmt habe. Ich bin aber sehr wohl in der Lage, Körperkontakt zuzulassen. Kein “normaler Erwachsener” würde sich festhalten lassen, wenn es ihm unangenehm ist. Hat er deshalb eine Körperkontaktstörung? Was wollen wir denn in Zukunft noch alles als Störung behandeln? Muss ich jetzt jeden Tag Rosenkohl essen, damit ich lerne, dass er schmeckt, obwohl mir schon beim Geruch übel wird? Soll ich nun meine Wohnung rot streichen und lauter rote Kleider tragen um zu lernen, wie toll doch diese Farbe ist, obwohl ich mich bei rot äußerst unwohl fühle?

Am meisten erschüttert bin ich allerdings davon, dass ein Autismus Verband ein solches Buch bewirbt, und es somit in meinen Augen als gut befindet.